Über unbegleitete Minderjährige


Hani gehört zu den 14.439 Menschen unter 18 Jahren, die im Jahr 2015 nach Deutschland eingereist sind und einen Asylantrag gestellt haben. 14.439 Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern oder andere sorgeberechtigte Personen eine anstrengende und oft gefährliche Reise aus ihrem Heimatland in ein anderes Land hinter sich gebracht haben.

Häufige Gründe für das Verlassen der Heimat sind Kriege, bewaffnete Konflikte, wirtschaftliche Not, Einsatz von Kindersoldaten, Gewalt in Familien, Zwangsheirat, Zwangsbeschneidung oder wie in Hanis Fall der bevorstehende Zwangseinsatz beim Militär.

Viele unbegleitete Minderjährige entscheiden allein oder mit ihren Familien ihre Heimat verlassen, bei anderen entscheidet die Familie für sie. Manche haben ihre Angehörigen im Krieg verloren, verlieren sie während der Flucht oder werden irgendwo zurückgelassen. Viele der jungen Menschen sprechen zum Zeitpunkt ihrer Einreise in Deutschland die deutsche Sprache nicht, haben weder Geld noch etwas zu Essen und kaum Kenntnisse über die vorherrschenden Strukturen. Oft sind sie das erste Mal in ihrem Leben in einem anderen Land und ganz auf sich allein gestellt. Auf der Flucht sind sie vielen Gefahren ausgeliefert, haben häufig Angst, langes Ausharren und viel Unsicherheit erlebt und dann kommen sie an in einem fremden Land. Allein. Sie sind in hohem Maße schutzbedürftig.

Diese besondere Situation der jungen Menschen erkennen auch Gesetze auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene an und stellen unbegleitete Minderjährige unter besonderen Schutz.

Die Aufnahmerichtlinie der Europäischen Union und die UN-Kinderrechtskonvention sind die übergeordneten rechtlichen Strukturen, die das Kindeswohl bei allen staatlichen Handlungen hervorheben. In Deutschland wird die Hilfe für Kinder ohne Eltern vor allem durch das 8. Sozialgesetzbuch, das Aufenthaltsgesetz sowie das Asylrecht geregelt.

Sobald sich die eingereisten jungen Menschen in Deutschland behördlich gemeldet haben, läuft die Versorgung relativ unabhängig vom Aufenthaltsstatus ab und die Betroffenen durchlaufen ein abgewandeltes Asylverfahren. Nach der Einreise und Meldung werden eine Reihe von Handlungen und Entscheidungen eingeleitet, bei denen die Kinder versorgt und gesundheitlich untersucht werden und unter anderem ermittelt wird, warum sie geflohen sind und ob es Verwandte gibt. In Deutschland haben sie einen Anspruch auf Unterbringung bei einer geeigneten Person oder Einrichtung. Diese erste Einschätzung und Inobhutnahme übernimmt das Jugendamt. Im Anschluss wird über die Unterbringung und einen persönlichen Vormund entschieden, außerdem gibt es das Recht auf sofortigen Zugang zu Schule und Ausbildung.

Ein Vormund hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Erziehungsrecht und die Sorge für die Gesundheit bis zur Volljährigkeit. Der Vormund hilft bei gesundheitlichen Problemen und vereinbart beispiels­weise Arzt­termine. Er steht als Ansprech­partner*in für Schule oder Ausbildungs­betrieb zur Verfügung und er kümmert sich um den recht­lichen Aufenthalts­status z.B. das Asyl­verfahren. In der Regeln gilt für unbegleitete Minderjährige ein Abschiebeverbot bis zum 18. Geburtstag, selbst bei einer Duldung oder Ablehnung des Asylantrags.

2019 waren 47,3 % der einen Asylantrag stellenden Personen minderjährig. Ende 2019 lebten insgesamt 29.900 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und junge, volljährige Flüchtlinge in Deutschland. Nur 9,5 Prozent von ihnen waren Mädchen und junge Frauen.

Die Lage der angekommenen Kinder und Jugendlichen hat sich in den letzen Jahren in Deutschland – auch aufgrund europäischer Richtlinien – deutlich verbessert. Aber unbegleitete Minderjährige sind nach wie vor benachteiligt gegenüber Kindern, die in Deutschland geboren sind und familiär unterstützt werden. Zahlreiche Institutionen und Verbände, wie der Bundesfachverband minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, die UNO Flüchtlingshilfe oder die Diakonie setzen sich für die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen ein, indem sie auf Versorgungslücken aufmerksam machen, die hohen psychischen Belastungen benennen und auf eine bessere Umsetzung der rechtlichen Rahmen drängen.


Quellen:

https://b-umf.de/p/umverteilung-inobhutnahme/

https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/minderjaehrige.html

https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/2015_UMF-Statistik_HKL.pdf

https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/fluechtlingsschutz/fluechtlingskinder/unbegleitete-minderjaehrige-in-deutschland

https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/UnbegleiteteMinderjaehrige/unbegleiteteminderjaehrige-node.html

https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/unbegleitete-minderjaehrige-fluechtlinge-umf


letzter Zugriff am 22.10.21