Zur Abtreibungspolitik Polens – von den Plakatwänden Leipzigs


Seit 2015 hat die populistische, nationalistische und ultrakatholische Partei PiS die Mehrheit im Sejm, dem polnischen Bundestag, und zusätzlich 49% der Sitze im Senat. Außerdem stellt sie den Präsidenten. Die ohnehin schwache Opposition ist hauptsächlich durch neoliberale Politiker*innen vertreten.

Seit 2015 hebt die PiS die Gewaltenteilung in Polen sukzessive auf. Die Judikative und die Leitung staatlicher Medien wurde von der PiS und deren Unterstützer*innen weitgehend übernommen. Von 15 Repräsentant*innen im Verfassungsgericht sind mittlerweile 14 von der PiS-Partei. Gesellschaftliche Konflikte, offene Ausgrenzung und verbale Hetze nehmen kontinuierlich zu, auch im Parlament.

Die Regierung versucht Frauen und Minderheitenrechte zu beschneiden, wie durch das Abtreibungsgesetz, welches legale Schwangerschaftsabbrüche nur bei Vergewaltigung, Gefahr für Leib und Leben der Mutter und schwerer Schädigung des Fötus zugelassen hat. In diesem kleinen legalen Rahmen wird es Ärzt*innen und Patient*innen schwer gemacht Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, manchen drohen Berufsverbot und Haftstrafen.

Laut offiziellen Statistiken fanden 2018 1200 legale Abtreibungen statt; bei 9 Mio. Frauen im gebärfähgen Alter! NGOs sprechen von 200 000 illegalen Abtreibungen jährlich!

Unter Pandemiebedingungen wurden Gesetzesentwürfe für eine Verschärfung der Strafen bei illegalen Abtreibungen und für eine Änderung und Verschärfung des Gesetzes entworfen. Daraufhin kam zu spontanen und breiten Protesten von Aktivist*innen und Gegner*innen. Doch ohne Erfolg.

Am 22.10.2020 hat das polnische Verfassungsgericht entschieden eine Verschärfung des Abtreibungsgesetzes umzusetzen, welches es nunmehr nur noch bei Vergewaltigung und Gefahr für das Leben der Mutter erlaubt, einen Abbruch legal durchzuführen. Fast eine halbe Million Menschen ging daraufhin am 28.10.2020 auf die Straßen, um gegen die Entscheidung zu demonstrieren. Die Proteste weiteten sich auf das ganze Land und die Nachbarstaaten aus. LGBTQ+ und Frauenbewegungen in ganz Europa solidarisieren sich mit den Polinnen.

Polnischen Menschen, die sich öffentlich gegen diese Gesetze äußern, wird mit Strafverfolgung gedroht. Dieser eben gelesene Text stammt von einer der immer weniger werdenden freien und nicht-kommerziellen Plakatwände in Leipzig und informiert unter dem Titel „Rechtsruck, Staat und Patriarchat in Polen“ anonym gegen die derzeitigen Entwicklungen in Polen.

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